Raimondo Branca

Jubiläum 100 Jahre Schweiz. Protestantischer Verein

Protestantischer Volkstag am 31. August 1941 in Altstätten 5000 Menschen hören im Regen zu

Wo ist die Kraft zur Erneuerung geblieben?

Am Sonntag, 15. Juni 2025, feiert der Schweizerische Protestantische Verein SPV (vormals: Protestantischer Volksbund) in Frauenfeld sein 100-Jahr-Jubiläum.
Die SPV-Verantwortlichen nutzen die Gelegenheit, um auf die bewegte Geschichte zurückzublicken und sich der Zukunft zu stellen. Ausgangspunkt der Feierlichkeiten ist ein Gottesdienst um 10.00 Uhr in der evangelischen Kirche St. Johann im Kurzdorf in Frauenfeld. Der Gottesdienst wird vom ehemaligen Thurgauer Kirchenratspräsidenten Pfarrer Wilfried Bührer; Frauenfeld, geleitet.
Autor: Ernst Ritzi

Einladung Jubiläum SPV vom Sonntag 15. Juni 2025

Historischer Einblick in die Bauernschulung
Im Anschluss an den Gottesdienst geht SPV-Präsident Pfarrer Richard Kölliker in einem historischen Rückblick auf die wesentlichen Elemente des Wirkens und der Tätigkeit des Volksbundes ein: Zeugnis, Innovation und Bildung. Am konkreten Beispiel gibt der Thurgauer Theologiestudierende Florian Aeberhardt in einem Kurzvortrag einen Einblick in die Bauernschulung, die der SPV nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die frühen 70er-Jahre mit beachtlicher Resonanz angeboten hat. Aeberhardt hat dazu eine Semesterarbeit verfasst.

Podium zur Zukunft des Protestantismus
Am Nachmittag wagt der SPV ab 13.30 Uhr einen Blick in die Zukunft. Zum Einstieg hält die Thurgauer Kirchenratspräsidentin Prof. Dr. Christina Aus der Au ein Impulsreferat unter dem Titel «Wir Christen sind Protestantinnen und Protestanten: wofür, wogegen, womit?». Vertieft und konkretisiert wird der Ausblick durch eine Podiumsdiskussion mit:
-Thomas Bachofner, Leiter tecum, Kartause Ittingen
-Galina Angelova, Green City Spirit, Zürich
-«Innokon» (Diakon für Innovation) Marcel Grob, Zürich-Hirzenbach
- Christina Aus der Au, Präsidentin des Thurgauer Kirchenrates
Geleitet wird die Diskussion von Christian Kaiser, ehemaliger Redaktor bei «reformiert.»

Aus der Geschichte des SPV:

Der Schweizerische Protestantische Volksbund SPV wurde am 9. März 1925 in Zürich gegründet. Er verstand sich als unabhängiger evangelischer Verein mit dem Ziel, den christlichen Glauben zu stärken, protestantische Anliegen in Gesellschaft, Kultur und Politik einzubringen und den Dienst der reformierten Kirchen und ihrer Mitglieder in der Deutschschweiz zu fördern und zu unterstützen. Als Laienbewegung gedacht, wurde der SPV massgeblich durch die Pfarrerschaft geprägt. In den 30er-Jahren entstehen in der ganzen Deutschschweiz kantonale und lokale Sektionen.

Volkstage mit bis zu 7‘000 Menschen

Eine grosse Mobilisierungswirkung hatten die Volkstage, die der SPV in den 30er-Jahren und während und nach dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenarbeit der jeweiligen evangelisch-reformierten Kantonalkirche vor Ort durchführte. Die Besucherzahlen bewegten sich in der Grössenordnung von 5‘000 bis 7‘000. Als Gastredner waren auch amtierende Bundesräte dabei: 1941 in Altstätten/SG: Bundesrat Karl Kobelt, FDP, und 1947 in Wattwil/SG: Bundesrat Ernst Nobs, SP.
Auch im Thurgau fand ein Protestantischer Volkstag statt. Am 12. Mai 1946 folgten 5‘000 Menschen dem Aufruf der Thurgauer Volksbundsektion und des Kirchenrates und fanden sich am Sonntagnachmittag zur Versammlung unter freien Himmel bei der Festhütte in Frauenfeld ein. Im Unterschied zum Volkstag in Altstätten – sein äusseres Bild war von den aufgespannten Regenschirmen geprägt – hatten die Thurgauer mehr Glück mit dem Wetter. Mit Extrazügen waren die Besucherinnen und Besucher aus dem ganzen Kanton nach Frauenfeld gereist. Gastredner war der Berner Regierungsrat Dr. Hugo Dürrenmatt, Vater des bekannten Historikers Peter Dürrenmatt. Die Predigt hielt Pfarrer Jean Hotz, Berg, Mitglied des Thurgauer Kirchenrates.

Pionier in der Medienarbeit der Evangelischen Kirchen
Zu den historischen Pionierleistungen des SPV zählen der Aufbau des Schweizerischen Evangelischen Pressedienstes EPD und die Radio- und Fernsehpredigten und -gottesdienste. Die beiden Aufgaben gingen Ende der 80er-Jahre an die Reformierten Medien über und andere Aufgaben wie etwa die Partnervermittlung «Unterwegs zum Du» oder die Bauernschulung und weitere Erwachsenenbildungsangebote mussten aufgegeben werden oder gingen an die Landeskirchen über. Von besonderer historischer Bedeutung ist das Eintreten des Evangelischen Pressedienstes EPD für die Pressefreiheit und die Kritik am Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg.

Bildlegende
Ein Meer von Regenschirmen: 7‘000 Menschen nahmen am 31. August 1941 am Protestantischen Volkstag mit Bundesrat Karl Kobelt in Altstätten im St. Galler Rheintal teil.


Bereitgestellt: 02.06.2025     Besuche: 118 Monat 
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